MENÜ

Die Geburt Christoph Willibald Glucks in Erasbach, ein folgenreicher Irrweg




"Einer neuen Wahrheit ist nichts schädlicher als ein alter Irrtum."

Johann Wolfgang von Goethe, in Wilhelm Meisters Wanderjahre.


 

 
Franz Xaver Buchner in jungen Jahren
Auf vielfachen Wunsch fassen wir die Argumente, warum die Geburt Glucks in Erasbach nicht länger aufrecht erhalten werden kann, zusammen:

Notabene:

Es war ein einziger Autor, der 1914 in die Archive ging und hinterher versuchte, den Gluck'schen Geburtsort Weidenwang auszulöschen und den Geburtsort Erasbach in Szene zu setzen; alle anderen schrieben von ihm nur ab. Es handelt sich um den katholischen Pfarrer und Hobbyhistoriker Franz-Xaver Buchner (1872-1959), nachmalig Domkapitular in Eichstätt.

Wir zitieren im Folgenden aus seiner einzigen Arbeit zum Thema: Das Neueste über Christof Willibald Ritter von Gluck, aus Archiven erholt von Franz Xaver Buchner, Oberpfalzverlag Kallmünz 1915.

Zu dieser Arbeit gelangen Sie durch Klick auf folgendes Bild!




Es folgen Buchners Aussagen im Einzelnen, in der Reihenfolge seiner Arbeit - jeweils mit einer kurzen Richtigstellung unsererseits:

* * *

Buchner Seite 6:




Buchner unterstellt an diversen Stellen seiner Abhandlung anderen Gluckforschern Unwissen und Manipulation und macht dabei auch vor seinen Pfarrer-Kollegen nicht halt, in diesem Fall dem langjährigen Weidenwanger Pfarrer Caspar Ainmiller (1839 - 30.01.1869), dessen Namen er orthographisch verschreibt (Ainmüller statt Ainmiller) und den er als "gutgläubig"-naiv tituliert. Dass der in Berching geborene Ainmiller als Amateur-Historiker durchaus über das Rüstzeug und die Ortskenntnis verfügt hatte, sich ein profundes Urteil über Gluck's Geburtsort zu bilden, gab Buchner nicht zu denken.




Tatsache ist: Nicht nur der heute verlorene Taufschein Glucks untermauerte Glucks Geburt in Weidenwang, sondern vor allem die mündliche Tradition des Ortes Weidenwang, welche Christoph Willibald Gluck im Jahr 1764 anlässlich seines Besuches in seinen Heimatdörfern selbst begründete und Pfarrer Ainmiller noch 1845/46 in einem seiner Schreiben wahrheitsgetreu, in der einfachen Sprache der Dörfler, wiedergab, nämlich dass "in Weidenwang ein Gluck gewesen sein soll, der sich auf allen Instrumenten ungemein gut auskannte." In Zeiten fehlender Printmedien wurden solche Traditionen sehr sorgfältig von einer Generation zur nächsten - in diesem Fall der Enkelgeneration - weitergegeben. In den Jahren zwischen 1764 und 1914 bezweifelte kein Mensch in Erasbach die Geburt Glucks in Weidenwang - ganz im Gegenteil: Die Erasbacher feierten die Gluck-Jubiläen in Weidenwang sogar gerne mit. Dies hätten sie nie getan, wenn ihnen Weidenwang den Rang des Geburtsortes abspenstig gemacht hätte. Auch heute gibt es nicht den geringsten Grund, an der Weidenwanger Ortstradition zu zweifeln, was wir im Folgenden reichlich belegen!

* * *

Buchner Seite 9:




Buchner verrät mit dieser Freud'schen Fehlleistung seine Voreingenommenheit: Nach dem Förster Stephan Betz oder Petzel, der entgegen Buchners Behauptung sehr wohl bis 1702 in den Matrikeln von Weidenwang nachzuweisen ist, unterstellt er eine Lücke bis 1724 und unterschlägt damit die wahre Nr. 3 der Förster, nämlich Glucks Vater Alexander Gluck. Im Nachsatz zu Philipp Ernsdorfer meldet sich dann das schlechte Gewissen, und Glucks Vater wird beiläufig doch noch erwähnt. Warum ihm dann zuvor in der Übersicht die korrekte Rangstellung verweigern? Es ist an dieser Stelle nicht zu verkennen: Der Komponistenvater Alexander Gluck störte Buchner in Weidenwang, also warf er ihn zunächst aus seiner Auflistung.

* * *

Buchner Seite 10: Ein weiteres Beispiel für Buchners Subjektivität und Drang zur Diskriminierung:




Richtig ist: Kein Mensch in Weidenwang musste "nach Glucks Geburtshaus suchen", das Haus stand seit jeher dort, wo es heute noch steht. Gluck "musste auch nicht" nach dem Willen findiger Weidenwanger "im ehemaligen Forsthaus geboren sein" - er war es eben! Dies ist ein gravierender Unterschied! Die Begründung folgt.

* * *




Dies ist das schlimmste von Buchners Vorurteilen - ein in toto unwahrer Satz! Hätte Buchner die Akten zu Weidenwang gründlicher gelesen, so hätte er den Passus gefunden, dass in diesem Haus bereits um 1714 - Glucks Geburtsjahr! - eine Kaminreparatur vorgenommen worden war. Hätte er das Forsthaus von 1723/24 genauer inspiziert, hätte er dort wesentliche Bauteile des Vorgängerhauses finden und als solche identifizieren können, u. a. einen Gewölbekeller und den komplett erhaltenen Ostgiebel. Nach der bauarchäologischen Untersuchung des Gluckhauses und der dendrochronologischen Analyse seiner Balken im Jahr 2020 steht zweifelsfrei fest: An der betreffenden Stelle gab sehr wohl zur Zeit von Glucks Geburt ein Haus! Und es war auch ein Forsthaus. Was liegt näher als die Annahme, dass Glucks Vater Alexander Gluck dieses Haus, in dem alle Geräte für die Forstwirtschaft lagerten und auch die Registratur des Holzeinschlages etabliert war, für eine gewisse Zeit noch selbst bewohnte?

Kurz: Die archäologische Untersuchung des Hauses bestätigt in vollem Umfang die Weidenwanger Ortstradition!

* * *

Buchner Seite 11 und 12: Buchner beschreibt den Prozess um das Forsthaus in den Jahren zwischen 1719 bis 1724. Dabei enthält sein Bericht viele Ungenauigkeiten, u. a. wirft er die Renovierung des alten Forsthauses von Weidenwang mit einem Forsthaus-Neubau am Waldrand in einen Topf.




Wir stellen erneut richtig: Vor dem Neubau 1724 gab es sehr wohl eine Dienstwohnung im Haus Nr. 42, wenngleich wegen Schäden an Dach und Kamin nur ein kleiner Teil des Hauses bewohnbar war. Schleierhaft bleibt, wie Buchner aus Alexander Glucks potenziellem Status eines Mieters auf die Nicht-Geburt eines Kindes schließen kann! Der Begriff Miete ist für das frühe 18. Jahrhundert sowieso falsch, denn es gab damals allenfalls "Inwohner", mit denen man in der Regel keinen schriftlichen Mietvertrag abschloss.

* * *




Buchner suggeriert hier die allgemeine Beliebtheit der Erasbacher Kirche zur Zeit der Glucks, ohne Handhabe. Richtig ist, dass die Kirche von Erasbach nicht zum nebenstehenden Schloss der Hofmark Erasbach gehörte, sondern immer Filialkirche von Weidenwang gewesen war. Im frühen 18. Jahrhundert, zur Zeit der Glucks, war sie nach schweren Bauschäden im 30-jährigen Krieg noch immer stark heruntergekommen und ohne regelmäßigen Messdienst. Dies war übrigens für Glucks Vater Alexander Gluck der Grund, nach seinem Weggang nach Nordböhmen zweimal für diese Kirche zu spenden, u. a. ein Messgewand, das es zu seiner Zeit an der Kirche gar nicht mehr gegeben hatte.

* * *

Buchner S. 13: In der Liste der Förster oder Jäger von Erasbach nennt Buchner Alexander Gluck an richtiger Stelle Nr. 4 - ganz im Gegensatz zur obigen Liste von Weidenwang.



Dies ist nichtsdestotrotz eine manipulative Liste - allein deshalb, weil das Försteramt vom Jägeramt von Erasbach feinsäuberlich zu trennen gewesen wäre. Im Folgenden wirft Buchner die Bezeichnungen "Jäger" und "Förster" ständig durcheinander. Richtig ist: Alexander Gluck war zur Zeit der Geburt seines Sohnes Christoph Willibald ausschließlich Jäger von Erasbach, wozu er - ganz im Gegensatz zum Forstdienst von Weidenwang - weder besondere Ausrüstung noch ein eigenes Dienstgebäude in Erasbach benötigte. Erst im Jahr 1716 wird er auch Förster von Erasbach werden. Dass Alexander Gluck mit seiner Familie Ende 1714 trotzdem nach Erasbach umzog, hatte ganz andere Gründe, die noch benannt werden.

* * *

Buchner Seite 15:



Immer wieder derselbe Irrtum, siehe oben. Die Dienstwohnung, ja sogar ein Diensthaus war vorhanden, vor Alexander Gluck mit dem Weidenwanger Förster Stephan Petzel besetzt. Heute sind wir sogar ziemlich sicher, dass die Tradition dieses Hauses an betreffender Stelle weit vor den 30-jährigen Krieg zurückging, bis zur Gründung des Seligenportner Dorfes im 14. Jahrhundert!

* * *

Buchner Seite 15: Buchner zitiert ein Protokoll des Schultheißenamtes Neumarkt vom 27. März 1725 mit folgendem Satz:




Später liest man:




Es gibt keine Unstimmigkeit darüber, dass Alexander Gluck im Jahr 1713 begann, mit Eigenmitteln und einem Zuschuss seiner Dienstherrn in Erasbach ein Haus zu bauen. Dies betraf aber in diesem Jahr ausschließlich den steinernen Hauskörper, nicht die Holzarbeiten (Zwischendecken, Dachstuhl, Böden, Fenster und Türen). Hier unterschied sich das Erasbacher Haus der Glucks in keiner Weise vom Forsthaus von Weidenwang, in dessen Corpus aus Bruchstein wir nicht ein einziges Stück Holz fanden, und in dem die Stürze der Fenster und Türen selbst dann flachbogig aus Stein angefertigt waren, wenn diese selbst keinen Bogenabschluss aufwiesen. Der fehlende Einbau von Holz hatte mit dem Zeitpunkt des Holzeinschlages, der erst im nachfolgenden Winter lag, zu tun und mit der Tatsache, dass das Bauholz nach seiner Gewinnung und Zurichtung (die einige Wochen dauerte) sofort trocken in ein Haus eingebaut werden musste, um einen Schädlingsbefall zu vermeiden. Der das Erasbacher Haus betreffende Holzeinschlag fand, wie noch aufzuzeigen sein wird, erst im Winter 1713/14 statt, als der steinerne Corpus des Hauses bereits vollendet war. Der Abbund und das Aufrichten der Zwischendecken und der hölzernen Dachkonstruktion erfolgte im Frühjahr/Sommer 1714. Bezugsfertig dürfte das Erasbacher Haus der Glucks erst nach Einbau der Böden, Fenster und Türen und nach dem Anbringen des Innenputzes und Einbringen der Wintervorräte im Herbst 1714 gewesen sein!

* * *

Buchner Seite 19: "Um den letzten Einwand abzuschneiden, dass Alexander Gluck erst nach der Geburt des Christof Willibald (2. Juli 1714) seinen Wohnsitz in Erasbach aufgeschlagen und bis dahin in Weidenwang in der Miete gewohnt habe...", zitiert Buchner auf Seite 19 seiner Arbeit 4 Dokumente - als "Beweismittel":

Das erste ist eine Bauholzbewilligung des k. Forstamtes Neumarkt vom 3. Februar 1713:




Aus dieser Bauholzbewilligung bzw. dem Erlass des Waldzinses kann keinesfalls abgeleitet werden, dass Alexander Gluck das besagte Haus in Erasbach schon im Jahr 1713 bezogen hätte. Man beachte: Das Dokument ist am 3. Feburar 1713, einen Tag nach Mariä Lichtmess, ausgestellt, also zu Beginn des neuen bäuerlichen Dienstjahres. Spätestens mit Ende der vorangegangenen Schlenkerwoche 1713 (bis Mariä Lichtmess) sind alle zum winterlichen Holzeinschlag benötigten Saisonarbeiter/Knechte zu den Bauern zurückgekehrt. Holz wurde in damaliger Zeit immer nur in Zeiten gänzlich unterbrochenen Safttriebes eingeschlagen, im Dezember und Januar eines jeden Jahres. Nur in diesen Monaten war auch der zum Abtransport der Langhölzer benötigte Schneebelag in den Schlittelwegen vorhanden und der Boden so durchgefroren, dass die Rückepferde leichte Arbeit hatten. Schon zur Zeit der Schneeschmelze musste alles Bauholz die Waldlagerplätze verlassen und die Bauplätze oder Zimmereien erreicht haben, damit kein Schädlingsbefall eintrat. Wenn also Pfalzgraf Johann Wilhelm am 3. Februar 1713 dem Alexander Gluck (der übrigens damals kein Oberjäger war) waldzinsfreies, also kostenfreies Bauholz in Aussicht stellte, dann betraf dieser Zuschuss den Einschlag im kommenden und nicht im zurückliegenden Winter, also den Dezember 1713 oder den Januar 1714! Damit ist Buchners Hausdatierung nichtig!

* * *

Buchner Seite 19: Buchner zitiert eine Forstmeisteramtsrechnung vom Jahr 1713:




Es gilt das zuvor Gesagte! Hier ist glasklar formuliert, dass das Holz dem Bau des Steinhauses nachfolgte! Notabene: Der Tag der Ausstellung dieser Rechnung bzw. der Baumfällung ist nicht spezifiziert, nur das Jahr. Vermutlich handelte es sich bei diesem Dokument des Forstmeisteramtes um den Jahresabschluss 1713. Das Holz für den Hausbau der Glucks wurde demnach kurz zuvor, im Dezember 1713, eingeschlagen (oder im Januar 1714, wenn dieser noch zum Dienstjahr 1713 zählte, was auch nicht ausgeschlossen ist).

* * *

Buchner Seite 19: Buchner zitiert im Weiteren einen Hofkammerbeschluss von 12. Dezember 1713:




Notabene: Alexander Gluck bekam von der Hofkammer in München wie seine drei Försterkollegen eine Steuererleichterung in Aussicht gestellt. Der Vollzug in Neumarkt erfolgte naturgemäß erst später. Der Steuernachlass galt jedoch nur, wenn Alexander Gluck sein im Bau befindliches Haus in Erasbach nicht unbewohnt ließ oder vermietete, sondern selbst mit seiner Familie als Eigenheim nutzte. Man förderte also damals die gewünschte Ortsansiedlung der Förster und Jäger - auf Dauer! Die Selbstnutzung als Eigenheim beschreibt der altertümliche Ausdruck "mit rucken besitzen" (vgl. dazu Johann Andreas Schmellers "Bayerischem Wörterbuch", Stichwort "Ruck" und auch andere Rechtswörterbücher). Das Wort "rucken" deutet wohl auf den "Rauch" des in Benutzung stehenden Holzherdes hin. Ab welchem Datum genau die in Aussicht gestellte Steuerleichterung griff, war nicht spezifiziert, aber sie galt sicherlich erst, wenn das Haus bezogen war und in Benutzung stand. Buchner weiß von alledem - nichts.

* * *

Buchner Seite 19: Buchner zitiert abschließend eine Steuerrechnung des Hofkastenamtes Neumarkt aus dem Jahr 1714:




Buchner unterschlägt in seiner Arbeit, was wir schon im Jahr 2015 im genauen Wortlaut des Dokumentes veröffentlicht haben: Von den vier angestellten Förstern und Jägern konnte im Jahr 1714 zunächst nur einer einer Steuerschätzung unterzogen werden, nicht jedoch die anderen, "weil der Höllrigl und Gluckh aber ihre Häuser erst erpauet (haben) und noch nicht in Zugang haben gebracht werden können". Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Jahressteuer, die sich aus Haus- und Grundsteuer zusammensetzte, für Alexander Gluck und seinen Kollegen Höllrigl noch nicht berechnet werden konnte, weil deren Häuser erst im Laufe des Jahres fertiggestellt wurden.






Damit ist Buchners Schluss, das Haus sei im Sommer 1713 erbaut worden, gänzlich ad absurdum geführt! Im Gegenteil:

Es ist nun bewiesen, dass das Erasbacher Haus erst im Lauf des Jahres 1714 fertig gestellt wurde!

Wir meinen, dass der Hausbezug erst nach der Jahresernte im Herbst 1714 erfolgt sein kann. Man beachte: Eine Sägemühle stand vor Ort nicht zur Verfügung; allein das händische Sägen aller Balken und Bretter zu diesem Haus benötigte mindestens 2 Monate, danach mussten die Decken erst noch eingebaut und der Dachstuhl gehoben und gedeckt werden. Aber erst, wenn in diesem Haus auch Brennholz und alle Wintervorräte aus Garten und Feld eingelagert worden waren, war dieses bezugsfertig! Dies war vor Herbst 1714 nicht der Fall!

* * *

Buchner Seite 19: Buchner schreibt weiterhin:




Am 15. Februar 1713 habe Alexander Gluck, "wahrscheinlich um die Baukosten dieses Jahres bestreiten zu können", einen Acker in Weidenwang einem gewissen Konrad Nutz verkauft.

Dass Alexander Gluck in diesem Vertragsentwurf "Vorster zu Erasbach" genannt wird, ist bereits sachlich falsch und nicht der einzige Schreibfehler der Person, die diesen Vertragsentwurf aufgesetzt hat, denn in ihm wird z. B. der Weidenwanger Konrad Nutz auch fälschlicherweise zum Erasbacher gemacht! Aus diesem Vertragsentwurf vom Februar 1713 ein bereits existierendes Wohnverhältnis Glucks in Erasbach zu konstruieren, wie Buchner dies tut, ist ein gewagtes Stück und durch rein gar nichts belegt, zumal es zu keinem Zeitpunkt zum Abschluss oder Vollzug dieses Vertrages gekommen ist, wie den Akten im StA Amberg eindeutig zu entnehmen ist. Im Übrigen irrt hier Buchner gleich mehrfach: Erstens handelte es sich nicht um einen Acker, sondern um ein Waldstück, das Alexander Gluck wie auch die Weidenwanger Bauern damals vom Kloster Seligenporten pachtete - vermutlich als Ausgleich für die entfallene Entnahme von Brennholz, die ab sofort im sonstigen Seligenportner Forst unter Strafe stand. Zweitens hat Alexander Gluck dieses Grundstück mitnichten an Konrad Nutz verkauft und daraus das Geld für den Erasbacher Hausbau bezogen, sondern er hat das Grundstück bis zu seinem Weggang aus dem Sulzgau im Jahr 1717 behalten und jedes Jahr dafür brav den Pachtzins entrichtet, wie die jeweiligen Rechnungen dieser Jahre belegen.

* * *

Buchner Seite 19: Buchner beendet seine Fehlschlüsse von Seite 19 im Gesperrtdruck:




Buchner stellt in diesem Resümee alles auf den Kopf! "Einwandfrei erwiesen" ist in Wahrheit nur, dass Buchner mit seinen Schlüssen gewaltig schief lag! In Wahrheit sind der Einwände sind sehr viele: Der Taufschein Glucks wurde korrekt interpretiert. Die Behauptung Buchners, dass Gluck in Erasbach geboren worden sei, hat nicht eine einzige Urkunde als Stütze.

Der Geburtsort Christoph Willibald Glucks in Erasbach ist also mitnichten urkundlich und einwandfrei erwiesen. Und mit den Begriff "Heimat" hat das sowieso nichts zu tun. Es gilt die vom Komponisten Gluck selbst begründete Weidenwanger Tradition! [Link]

* * *

Buchner Seite 20 und 21: Der interpretatorische Wirrwarr Buchners geht weiter, denn:




Und schon wird der Pfarrer-Kollege Johann Georg Hierl aus Jahrsdorf, den Buchner höhnisch als "Freund" anspricht, diskreditiert, da er nicht einmal wisse, was sonst jeder Pfarrer weiß:




In kirchenrechtlicher Hinsicht kennt sich Buchner zwar aus, allein - seine Prämissen sind völlig falsch:

Dass die Kirche von Erasbach von jeher das Taufrecht gehabt hätte, ist eine blanke Unterstellung und ohne jede Stichhaltigkeit. Richtig ist, dass die einzige Taufkirche der Umgebung seit jeher in Weidenwang stand, und das schon seit Bischof Gundekars oder der Karolinger Zeiten. Vor allem aber hat Erasbach zur Zeit von Christoph Willibald Glucks Geburt keinen eigenen "Filialisten" gehabt, der dort hätte taufen können. Erst im Jahr 1718 gibt es in Erasbach endlich einen Frühmesser, dem nun der alt gewordene Weidenwanger Pfarrer Simon Pabst die Taufen zum Teil übertrug, weil er selbst nur noch schlecht im Stande war, nach Erasbach zu fahren.

Buchner gibt dies am Ende auch zu und führt damit die eigene These ad absurdum.

Nicht einmal ganz sicher, aber wenigstens wahrscheinlich ist aufgrund der Pfarrmatrikel von Weidenwang, dass zuvor der Gluck'sche Taufpfarrer bedarfsweise nach Erasbach wechselte, um dort zu taufen, wenn in Erasbach ein Kind geboren worden war. In diesem Fall versah Simon Pabst in den Matrikeleinträgen die Taufzeugen und -eltern mit einem W:, wenn sie aus Weidenwang kamen, und mit einem E:, wenn sie aus Erasbach kamen - offensichtlich, um klar zu stellen, wer von diesem Personenkreis aus welchem Ort kam. Dies war zum Beispiel der Fall bei der Erasbacher Geburt von Glucks Bruder Christoph Anton im Jahr 1716. Nicht der Fall, weil gänzlich unnötig, war dieses Kürzelverfahren, wenn alle Beteiligten inklusive Täufling aus Weidenwang kamen. Und genau so liest sich der Taufeintrag für Christoph Willibald Gluck; er ist kürzelfrei!

* * *

Buchner Seite 21: Buchner findet aus seiner Kette von Trugschlüssen nicht mehr heraus. Sie gipfelt in dem gesperrt gedruckten Satz:




Richtig formuliert, müsste dieser Satz lauten: "Gluck ist in Weidenwang getauft worden, damit ist er dort auch geboren worden!"

Dann stimmte auch der Buchner'sche Nachsatz: "Aufgeschrieben haben den Geburtsort die Pfarrer im einzelnen Tauffalle nicht; wozu denn auch?"

* * *

Buchner Seite 22:




Na also! Warum nicht gleich in diese Richtung gedacht? Nichtsdestotrotz schießt Buchner hier ein weiteres Eigentor und führt seine vorherige Argumentation ad absurdum:

Zuerst sieht er Alexander Glucks Dienstaufgabe als Förster in Weidenwang nicht adäquat und stellt die nachrangige Aufgabe des Jägers von Erasbach darüber, dann kommt plötzlich - man möchte fast sagen: aus schlechtem Gewissen heraus - der Rückzieher. Der Gedanke mit der Herberge in Weidenwang - und damit denknotwendig der Geburt des ersten Sohnes in dieser Herberge - ist gar nicht so abwegig, wenn er Buchner nur rechtzeitig gekommen wäre. Auch wir haben zunächst in dieser Richtung ermittelt. Allerdings hätte Buchner dabei allmählich dahinterkommen können, dass Alexander Gluck im Haus des Försters Petzel eine eigene Dienstwohnung auffand und eine Herberge gar nicht brauchte.

* * *

Buchner Seite 22: Wenige Zeilen später:




Wieder eine Breitseite gegen den Pfarrer Ainmiller. Dass Buchner von seinem Pfarrerkollegen nichts hielt und diesem bei jeder sich bietenden Gelegenheit Dilettantismus und Lügen unterstellte, hat der Leser bereits eingangs erfahren.

Wenige Zeilen später:




Wieder sind Buchners Schlüsse in toto falsch:

Die Tradition Glucks in Weidenwang (und auch Erasbach) wurde von Christoph Willibald Gluck selbst begründet, als er - auf dem Gipfel seines Erfolgs als Komponist stehend - im Jahr 1764 seinen Geburts- und Wohnort aufsuchte.

Obendrein lag auf Glucks Geburtshaus auch schon vor dem Pfarrer Ainmiller der Hausname "Zum Forsterbarthl", der mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Alexander Gluck zurückging, als ein zu Christoph Willinald Gluck gleichaltriger Bartholomäus im Nachbarhaus (auf demselben Grundstück) geboren wurde. Dies haben wir an anderer Stelle bereits ausführlich begründet.

Im Übrigen gibt Buchner expressis verbis zu, dass im Jahr 1847, also deutlich vor Caspar Ainmillers Zeit, "die Tradition schon da war".

Also wieder ein argumentatives Eigentor. Ihm folgt ein weiteres:




Warum gilt für Erasbach, was für Weidenwang nicht gilt? Die Erklärung bleibt Buchner schuldig; dies liegt an seiner Voreingenommenheit. Im Übrigen hatte sich selbstredend seit 1764 auch in Erasbach eine Tradition zu Gluck etabliert, nämlich dass der kleine Christoph Willibald dort dreieinhalb Jahre gelebt hatte.

* * *

Wir beenden hiermit den Exkurs zu den "Argumenten" Franz Xaver Buchners. Er verdächtigte alle anderen des Irrtums und der Falschaussage - und war selbst davon am allerwenigsten frei!

* * *

Es folgt nun eine Aufzählung der Unterlassungen Franz-Xaver Buchners:

Im Folgenden geht es um jene Themen und Gesichtspunkte, um die sich ein exakt arbeitender Historiker hätte bemühen müssen, die allerdings bei Buchner keinerlei Interesse fanden. Dabei wird deutlich, wie oberflächlich der Pfarrherr, vom Ehrgeiz einer vermeintlichen "Entdeckung" getrieben, die Dokumente zu Weidenwang und Erasbach auswertete und wie wenig Umfeldrecherche er betrieb - kurz, wie sehr er selbst das kleine Einmaleins der Geschichtswissenschaft verletzte:

  • Buchner nennt zwar die Liste der Weidenwanger Unterförster vor und nach Alexander Gluck, beschäftigt sich aber, was die besonders wichtigen Vorgänger Alexander Glucks anbelangt, in keiner Weise mit deren Unterkunft in Weidenwang. Hätte er dies getan, so hätte aufgrund der geringen Zins- und Gült-Last des Petzel'schen Anwesens erkennen müssen, dass dieses alte Forsthaus mit dem Weidenwanger Forsthaus von 1723/24 identisch war.

  • Buchner unterließ die zwingend notwendige Überprüfung, zu welchem Zeitpunkt Alexander Gluck seinen Posten als Unterförster von Weidenwang antrat. Dies geschah nachweislich im zeitigen Frühjahr 1711, und damit deutlich vor seinem Dienstantritt als Jäger von Erasbach. Als solcher ist er erst im Jahr darauf nachweisbar.

  • Buchner überbetonte Alexander Glucks Rolle als von Hauben'scher Jäger von Erasbach und unterstellte, dass der Graf Johann Georg von der Hauben mit Alexander Gluck persönlich bekannt gewesen wäre und diesen direkt nach Erasbach vermittelt hätte. Dies ist mitnichten der Fall. Weder ist bewiesen, dass der ständig im Feld stehende Feldmarschall kommissarischer Schultheiß von Neumarkt wurde - er ist nur im Oberstjägermeisteramt bekannt geworden -, noch dass er je persönlich in Neumarkt gewesen wäre, geschweige denn, dass er Alexander Gluck persönlich kennengelernt hätte.

  • Hätte Buchner die Dienstverhältnisse des Alexander Gluck vor seinem Auftreten im Sulzgau überprüft, so hätte er erkennen können, dass Alexander Gluck gar keinen Kriegsdienst leistete, so dass auch von daher eine Bekanntschaft mit von der Hauben nahezu ausgeschlossen ist.

  • Hätte Buchner die damaligen Bedingungen des Forstwirtschaft überprüft, so hätte er leicht erkennen können, dass diese die persönliche Anwesenheit des Unterförsters Alexander Gluck in Weidenwang - sozusagen rund um die Uhr - erforderten, während die Tätigkeit als Jäger von Erasbach lediglich seine zeitweise Ortspräsenz und grundsätzlich gar keine Unterkunft voraussetzte. Nachdem die Familie Gluck gegen Ende 1714 nach Erasbach umgezogen war, warteten dort neue, lukrativere Dienstaufgaben (z. B. der Mautdienst von Erasbach, den seine Frau verrichten konnte, oder die Försterei im Plankstetter Holz). Bewusst ließ hierauf Alexander Gluck den schlecht entlohnten Forstdienst von Weidenwang schleifen, auch unter dem Risiko, bald die Kündigung durch seine Dienstherrinnen in Amberg entgegenzunehmen, mit denen er sich überworfen hatte.

  • Auch im Detail unterliefen Buchner schwere Unterlassungssünden. Nur ein Beispiel: Die vom ihm als Beweismittel zitierte, pfalzgräfliche Urkunde von 3. Februar 1713 war exakt einen Tag nach Mariä Lichtmess ausgestellt. Hätte Buchner das Datum kritisch unter die Lupe genommen, so hätte er die wichtige Information erhalten, dass mit diesem Feiertag bereits das neue Dienstjahr der Holzknechte bei den Bauern begonnen hatte, und die ausgesprochene Bauholzbewilligung somit den Holzeinschlag des kommenden und nicht des zurückliegenden Winters betraf.

  • Ein anderes Beispiel: Buchner erfasste den Sinn des Ausdrucks "auf rucken besitzen" nicht, den er leicht in Rechtswörterbüchern der Epoche hätte nachlesen können.

  • Buchner übersah auch all jene dokumentarischen Nachweise, welche zeigen, dass Alexander Gluck sein Grundstück im Wald von Weidenwang bis zu seinem Weggang aus der Oberpfalz nicht verkaufte, somit dieses Waldstück mitnichten einen Hausbau von 1713 finanzieren half.

  • In den Akten des Forsthauses von Weidenwang übersah Buchner auch jene Urkunden vom 1775 (bzw. überlas ihren Inhalt), welche klar davon sprechen, dass vor etwas mehr als 60 Jahren, also im Jahr 1714, die zentrale Feuerung im Forsthaus von Weidenwang repariert wurde. Damit stand dort 1714 bereits jenes Haus, dessen Existenz Buchner vehement ableugnete.

  • Buchner übersah die Tatsache, dass 1719/20 in Weidenwang als erster Handwerker ein Zimmermeister und nicht ein Mauerer auf den Plan trat. Der Zimmermeister Hans Wolf Prunnmüller konnte nur auf einem bereits vorbestehenden steinernen Hauskörper aufbauen, einen solchen aber nicht errichten. Der Neubau ist damit konterkariert.

  • Buchner übersah auch jene Notiz des Jahres 1715, die über den Wirtshausstreit eines Holzknechtes mit der Schmiedin Zach von Weidenwang berichtete. Dieses Dokument zeigt Alexander Gluck als Wirtshausgänger noch fest eingebunden in Weidenwang, auch nach seinem Wegzug nach Erasbach. In diesem Ort hatte er nachweislich auch ein paar Freunde, in jenem nicht, zumindest sind keine dokumentarisch nachgewiesen.

  • Überhaupt hätte es Buchner auffallen müssen, dass zu Alexander Glucks Dienstaufgabe in Weidenwang viele Schriftzeugnisse existieren, zum Dienst in Erasbach jedoch nur sehr wenige.

  • Buchner übersah des Weiteren, dass es noch zur Zeit der Geburt Christoph Willibald Glucks in Erasbach keinen eigenen Priester bzw. Frühmesser gab, der die Taufe hätte vornehmen können, und dass die Schäden an der Kirche enorm waren, ja nicht einmal Paramente vorhanden waren.

  • Buchner diskreditierte den verschollenen Taufschein Glucks und übersah, dass diesen der exakt arbeitende Altslawist Fortunat Durich transkribiert hatte, der Tür an Tür mit der Witwe Marianne Gluck, geb. Bergin, lebte. Durich war demnach ein Kronzeuge ersten Ranges!

  • Buchner verhörte wohl in einer Art von Tribunal alte Weidenwanger Männer und brachte sie in Verlegenheit, er inspizierte aber das Forsthaus von Weidenwang nicht. Hätte er dies getan, so hätte er den alten Keller aus der Zeit vor 1700 und den bis heute komplett erhaltenen Ostgiebel des Vorgängerhauses als steinerne Zeugen des Geburtshauses Glucks erkennen können.

  • Buchner übersah, dass der alte Hausname des Forsthauses "Zum Forsterbarthl" exakt auf das Jahr 1714 und die Zeit Alexander Glucks zurückgeht.

  • Buchner übersah, dass die Kirche von Erasbach nicht, wie von ihm behauptet, Schlosskirche der Erasbacher Hofmark war (auch wenn sie neben dem Schloss stand), sondern immer Filialkirche von Weidenwang gewesen war und somit kein eigenes Taufrecht hatte.

  • Auch in der Liste der Besitzungen Alexander Glucks in seiner Vaterstadt Neustadt an der Waldnaab zeigen sich etliche unverständliche Lücken.

  • Und vom Besuch des Komponisten Christoph Willibald Gluck in seinen Heimatdörfern im Jahr 1764 wusste Buchner selbstredend auch nichts...

    Und, und und...

    Last not least:

  • Völlig unterschlagen oder übersehen hat Buchner auch, dass schon im Jahr 1860 der k. b. Landrichter Joseph Stadlbauer aus Beilngries zusammen mit dem Weidenwanger Pfarrer Ainmiller das Forsthaus von Weidenwang persönlich inspiziert hatte, nachdem vorübergehend das Gerücht aufgekommen war, das Haus sei erst 1792 erbaut worden (vermutlich in Wahrheit eine der vielen späteren Reparaturphasen). Beide waren zu dem Schluss gekommen, dass dies keinesfalls stimmen könne, da das schwarze Gebälk des Hauses und ein dort aufgefundener alter Hirschfänger ein viel zu hohes Alter aufwiesen und direkt auf das frühe 18. Jahrhundert und in die Zeit der Glucks zurückverwiesen. Das schwarze Gebälk, das war vermutlich das völlig verkohlte Auflager des Rauchfangs, von dem wir einen Balken im aktuellen Rauchfang konserviert haben, sowie die Bohlen-Balken-Decke in der Guten Stube, die in der Tat durch immer wieder qualmende Öfen im 18. Jahrhundert stark geschwärzt worden war. So haben wir die Decke auch 2020 aufgefunden, ehe sie durch Sandstrahlung von allen Rußauflagen befreit wurde. Und ein Hirschfänger war in der Tat ein derart ausgefeiltes Instrument mit landes- und zeittypischem Zierrat, dass er als Datierungshilfe des Hauses durchaus geeignet war. Leider ist dieser alte Hirschfänger nicht auf uns überkommen.

    Es ist also keineswegs so, wie Buchner unterstellte, dass Geltungssucht, historischer Dilettantismus und die Bereitschaft zur Geschichtsfälschung ein fiktives Geburtshaus Glucks in Weidenwang produziert hätten! Nein, man hatte zuvor die Sachverhalte sorgfältig geprüft, ehe man das Gluck'sche Geburtshaus als solches auswies!

    * * *


    Wir haben uns oft gefragt, wie Franz Xaver Buchner, welcher nach seinem fast zwei Jahrzehnte währenden Pfarrdienst in Sulzbürg im Jahr 1926 Domherr in Eichstätt wurde und in dieser Zeit zahlreiche kirchenhistorische Werke von Bedeutung herausgab [Link], sich derart in seiner Beurteilung vergreifen konnte.

     
    Domkapitular Franz X. Buchner
    Wenn man seinen Nachruf im Eichstätter Diözesanblatt "St. Willibalds-Bote" vom 26. April 1959 liest, ergeben sich allerdings Erklärungen:

    Franz Xaver Buchner, der am 1. November 1872 in Möning als Sohn eines einfachen Gütlers geboren wurde, hatte schon seit seiner Pubertät, seit seinem Eintritt ins Eichstätter Gymnasium mit 12 Jahren und ins Seminar mit 14 Jahren, nie mehr im normalen Leben resp. in einem echten Familienkreis gestanden, insofern konnte er sich als zölibatär lebender Priester (ab 1898) nur schwer in die Lebensbedingungen einer jungen Försterfamilie hineindenken. Die Verpflichtungen eines Försters und die Zwänge eines Hausbaus scheinen ihm gänzlich fremd geblieben zu sein.

    In seiner Zeit als Pfarrer von Sulzbürg (1907-1926) lebte Buchner isoliert von Dorf, oben am Berg im 1802 aufgelassenen Kapuzinerkonvent hinter seiner Kirche "Zur schmerzhaften Muttergottes", lediglich versorgt von einer Pfarrhaushälterin. Je einsamer es dort um ihn wurde, desto besessener arbeitete in seinem Hobby, der Geschichtsforschung.

    Nach 19 Jahren Pfarrdienst entband man den forschenden Pfarrer nicht ohne Grund von weiteren seelsorgerischen Aufgaben und berief ihn als Revisor des kirchlichen Rechnungswesens auf einen Verwaltungsposten des Domes von Eichstätt. Hier unterließ Buchner künftig das Analysieren und Interpretieren (wie in seiner Arbeit zu Gluck), sondern verlegte sich bei seinen Forschungsarbeiten nun ausschließlich auf das Inventarisieren und Katalogisieren, auf enzyklopädische Sammlung und statistische Beschreibung. In diesem abstrakten, zwar wenig Tiefgang, aber umso mehr Fleiß erfordernden Metier fühlte sich Franz Xaver Buchner jedenfalls sichtlich wohler, und hierbei unterliefen ihm auch kaum Fehler.

    So editierte der Eichstätter Domkapitular, nach jeweils jahrelanger Sammlung und Auswertung, großartige Übersichten, allem voran die zweibändige "Historisch-statistische Beschreibung der Pfarreien des Bistums Eichstätt" von 1937 [Link] - ein Sammelwerk, das noch heute jedem Geschichtsforscher im Bistum Eichstätt von großem Wert ist. Beim Kapitel der Pfarrei Weidenwang (Bd. 2, S. 730ff.) müsste es Buchner eigentlich aufgefallen sein, dass er sich 1914/15 bei seiner Bewertung des Pfarrdienstes von Erasbach gewaltig geirrt hatte. Anlass dafür, seine Arbeit zu Gluck deshalb zu überprüfen oder gar neu zu editieren, scheint ihm das aber nicht gewesen zu sein.

    Seine Studierstube verließ Buchner in diesen langen Jahren der Sammelarbeit, in denen er auch allmählich sein Gehör verlor, so gut wie nicht mehr, sodass der nach seinem Tod am 12. April 1959 verfasste Nachruf den Nagel auf den Kopf traf:

    "In seiner stillen Wohnung am Residenzplatz in Eichstätt verschied ein Priester und Forscher, der seit mehr als einem Jahrzehnt in völliger Zurückgezogenheit lebte. Der scheinbar Einsame und doch unermüdlich Tätige hinterlässt ein Lebenswerk, das die Diözese des hl. Willibald zu bleibendem Dank verpflichtet...

    Prälat Buchner war ein Einsamer, der hoch über dem Alltag stand..."


    Vor allem der letzte Satz besagt viel und erklärt per se, warum Christoph Willibald Gluck und Weidenwang durch diesen Mann einst soviel Unrecht erfahren konnten!

    Nichtsdestotrotz: Requiescat in pacem!

    * * *


    Unabhängig von Franz Xaver Buchner und seiner Publikation des Jahres 1915 ist bislang nur ein einziges Argument für den Geburtsort Erasbach ins Feld geführt worden:

    Als sich der junge, von zuhause entwichene Christoph Willibald Gluck im Jahr 1731 in der Karlsunversität Prag als Student der Geisteswissenschaft ("logicus") einschrieb, bezeichnete er sich als "palatinus Erpahensis", d. h. als "Oberpfälzer aus Erasbach". Die Originalmatrikel der Prager Universität sind seit dem Zweiten Weltkrieg verloren, die Gluck'schen Einträge wurden aber glücklicherweise rechtzeitig transkribiert und liegen uns heute als beglaubigte Abschriften vor.




    Die Selbstbezeichnung Glucks als "palatinus Erpahensis" ist absolut richtig, denn Gluck war in der Tat ein "Oberpfälzer aus Erasbach" - und vermutlich war Erasbach auch der einzige Ort der alten Heimat, an den er sich gerade noch zurückerinnerte. Für Weidenwang dürfte dies nicht zugetroffen haben, weil ja ein Kind mit dem Ort seiner Geburt nicht die geringste Erinnerung verbindet, wenn es diesen kurz danach verlassen hat.

    Aus dem besagten Immatrikulationseintrag ein Argument für den Gluck'schen Geburtsort Erasbach zu konstruieren, ist jedoch nicht statthaft. Denn der Einschreibepraxis im 18. Jahrhundert zufolge wurde meistens unter der Rubrik "patria" = "Vaterland, Vaterstadt" nur der Herkunftsort, d. h. der letzte Wohnort des Vaters oder der Eltern, nicht jedoch der eigentliche Geburtsort vermerkt. Dieser spielte zur Zeit des Kurfürstentums Bayern noch nicht die geringste Rolle, sondern er wurde erst mit der napoleonischen Eroberung Bayerns und der generellen Einführung von Verwaltungsvorschriften nach französischem Vorbild (Stichwort Code Napoléon; nach 1806) zum obligaten Bestandteil von Urkunden und Bescheinigungen (zusammen mit dem Geburtsdatum). Nicht anders in Böhmen.

    Mit anderen Worten:

    Der besagte Matrikeleintrag belegt nicht den Geburtsort Christoph Willibald Glucks.

    Die in diesem Punkt lasche Eintragspraxis bestätigte z. B. auch der Herausgeber des Matrikelbuches der Altdorfer Universität, das aus dem Jahr 1701 stammt:

    "In allen Matrikeln und auch in der Altdorfer ist es um die Genauigkeit der Herkunftsbezeichnungen übel bestellt. Wer einem Dorf oder wenig bekannten Flecken entstammte, nannte lieber die nächst größere Stadt oder den weiteren politischen Bezirk oder setzte für den Ort seiner Geburt den des dermaligen Wohnsitzes seiner Eltern ein, wechselte wohl auch nach Laune mit seinen Ausdrücken. Mitunter scheint sogar die Gemeinde, deren Schule besucht worden war, an die Stelle der wahren Heimat getreten zu sein..." (Vgl. E. v. Steinmeyer: Die Matrikel der Universität Altdorf, 1912, Vorwort, S. LVI)



    * * * * * * * * *

    Soweit zu den Irrtümern und Fehlschlüssen, welche verheerende Auswirkungen auf die Biographie Glucks vor allem deshalb zeitigten, welch sich namhafte Musikwissenschaftler und Gluckforscher, allen voran Rudolf Gerber und Gerhard Croll, den Buchner'schen Vorurteilen ungeprüft anschlossen. Und von diesen Biographen wurde wiederum sehr viel abgeschrieben. Auch das Argument mit dem Matrikeleintrag von Prag ändert nichts daran; es hat keine Beweiskraft.

    Damit bleibt es bei der von Christoph Willibald Gluck selbst begründeten, über 150 Jahre lang unwidersprochenen und nach 100 Jahren Irrtum heute eindrucksvoll bestätigten Tradition seiner Geburt im Forsthaus von Weidenwang!



    Vielleicht fragt am Ende jemand, warum die Erfassung der Geburt eines großen Mannes überhaupt so wichtig ist. Wir übergeben dazu dem Schriftsteller Stephan Zweig (1881-1943) das Wort und zitieren aus seinen berühmten"Sternstunden der Menschheit":

    "Entsteht aber in der Kunst ein Genius, so überdauert er die Zeiten; ereignet sich eine solche Weltstunde, so schafft sie Entscheidung für Jahrzehnte und Jahrhunderte. Wie in der Spitze eines Blitzableiters die Elektrizität der ganzen Atmosphäre, ist dann eine unermessliche Fülle von Geschehnissen zusammengedrängt in die engste Spanne von Zeit. Was ansonsten gemächlich nacheinander und nebeneinander abläuft, komprimiert sich in einen einzigen Augenblick, der alles bestimmt und alles entscheidet; ein einziges Ja, ein einziges Nein, ein Zufrüh oder ein Zuspät macht diese Stunde unwiderruflich für hundert Geschlechter und bestimmt das Leben eines Einzelnen, eines Volkes und sogar den Schicksalslauf der ganzen Menschheit..."



    Eine solche Sternstunde war die Geburt Christoph Willibald Glucks in Weidenwang:
    Mit ihr änderte sich die Welt der Musik!